Sonntag, 22. Mai 2016

Tomorrow is today

Ich habe mich entschieden einen neuen Blog anzufangen. Nicht weil dieser mir nicht mehr gefällt, nein, denn er ist ein Teil von mir. Sondern vielmehr, weil ich hier nicht mehr schreibe. Der Teil von mir, den dieser Blog repräsentiert, den gibt es so nicht mehr. Ich habe ihn angefangen, da war ich sechzehn oder siebzehn Jahre alt. In vier Jahren kann so viel passieren. So viel ändert sich. Dieser Blog hat sich mit mir geändert. Aber seit ich das Studium angefangen habe, schreibe ich hier nicht mehr. Vielleicht, weil ich dem Glück so nahe gekommen bin, dass ich es nicht ertrage, es hier festzuhalten. Vielleicht weil es mich depremiert zu sehen, wie traurig und verlassen ich mich gefühlt habe. Vielleicht aber auch, weil es mich erinnert, wie zebrechlich alles ist. Dieser Blog ist das gestern und ich möchte aber das Heute leben. Das ist es, worauf ich mit jedem Eintrag hingearbeitet habe, das ist es, was in jedem einzepnen Post durchklingt. die Sehnsucht nach morgen. Aber das morgen ist jetzt und wenn ich nicht anfagnge daran zu glauben, dann passieren zwei Dinge: Ich werde wichtige Jahre meiens Lebens vergessen, weil ich sie nicht aufgeschrieben habe und ich werde sie verpassen, weil ich zu sehr daran zweifle das alles gut werden kann.

Daher sage ich hier Lebewohl und konzentriere mich von nun an auf den anderen Blog.

Dieser hier wird konserviert und für die Ewigkeit bewahrt, damit ich zurückkehren kann, wann immer ich will um mich nur für einen kurzen Moment zu erinnern.

Sonntag, 8. Mai 2016

Führt mich weit zurück ...

Führt mich weit zurück in eine and're Zeit,
Papas Wutausbrüche, Mamas stummes Leid
Und all meine Stoßgebete ändern nichts daran.

Du siehst nicht auf,
und du sagst kein Wort,
und ne Chance hast du nicht.
Wie ein Grashalm,
der den Asphalt zerbricht,
in dem Drang nach Licht. 

Und du kauerst da,
wenn die Streiterei erträglich scheint.
Und du fliehst an einen Ort,
wo niemand weint.

Sehr ihr dieses Mädchen? Sie ist dreizehn, vielleicht vierzehn Jahre alt. Sie ist nicht normal und das ist der Grund, warum ihr die Schule derzeit wie der schlimmste Ort auf Erden vorkommt. Sie ist nicht glücklich. Vielleicht weint sie sogar. Sie geht mir ihrer Mutter spazieren und erzählt ihr all das, was ihr durch den Kopf geht. So wie es immer ist. Sie setzen sich gemeinsam auf eine Bank. Für einen Moment herrscht schweigen zwischen ihnen. Bis die Mutter ihre Tochter ernst von der Seite anschaut und fragt: "Möchtest du die Schule wechseln?"  Schnell aber bestimmt entfährt der Tochter das "Nein". Denn sie hat Angst davor. Sie weiß, dass eine andere Schule es nur schlimmer machen kann. Zumindest glaubt sie, dass sie es weiß. Aber weil sie es nicht erklären kann, sagt sie: "Ich will nicht mit dem Bus zur Schule fahren". Das kleine Mädchen bemerkt nicht, wie die Mutter die Luft anhält und sie dann schnell entweichen lässt, bevor sie sagt: "Wenn wir umziehen würden, dann müsstest du nicht mit dem Bus fahren." Damals wusste das Mädchen es vielleicht nicht sofort (aber das große Mädchen weiß es heute), dass dies die entscheidende Frage war. Die Frage, die das Mädchen verneinte - aus Angst vor größeren Problemen erneut verneinte. Es war die Angst, die sie zurückhielt. Das Neue konnte nicht besser sein, denn das alte Neue, war es auch nicht geworden. Sie wollte im Status Quo bleiben und zwang ihre Eltern das Gleiche zu tun. Das Schicksal wiederholt sich immer. 
 
Und wenn es weiter regnet,
dann spült es mich mit sich fort.
An irgendeinen anderen Ort.
Die Wolken fließen über,
ein kalter Wind weht aus Nord. 

Ja wenn es weiter regnet,
dann spült es mich noch weit fort.

Ich erinnere mich noch genau an diesen Spaziergang mit meiner Mutter.  Nicht mehr, ob es geregnet hat. Nicht mehr an die genauen Worte. Nicht mehr daran, was wir getragen haben. Eigentlich nur noch an Bruchstücke. Aber zwei Dinge sind geblieben: Das Gefühl der Hoffnungslosigkeit und diese eine Frage. Damals wusste ich es nicht - doch, eigentlich wusste ich es, was sie fragte. Ob ich mir vorstellen könnte weg zu ziehen. Es war nicht die Frage, lass uns diese Stadt verlassen. Sondern es war die Frage: Könntest du damit leben, das Papa und ich uns scheiden lassen? Ich glaube sogar sie ist konkreter geworden. Vielleicht auch nicht. Aber ich denke ich ahnte damals, was es bedeutete und ich weiß heute, was es bedeutete. Vielleicht war es einer dieser Tage an denen meine Mutter die Hoffnung hatte, dass sie es schaffen könnte. Sich zu trennen. Das Unglück hinter zu lassen. Aber ich unterstützte sie dabei nicht. Ein zweites Mal war es mein Fehler. Ich weiß, was meine Freunde sagen. Ich weiß, was die Logik sagt: Es war nicht meine Schuld, dass meine Eltern sich bei meiner Geburt entschieden zusammen zu bleiben und danach zusammenzuziehen. Es war nicht meine Aufgabe bei diesem Spaziergang meiner Mutter die Bestätigung zu geben, die sie gebraucht hätte. Aber es ändert nichts daran wie es sich anfühlt und wie sehr ich möchte, dass es anders gelaufen wäre. Wie sehr ich es jetzt möchte. Obwohl ich meine ganze Kindheit/Jugend drunter gelitten habe, hatte ich nie die Kraft ihnen die Pistole auf die Brust zu setzen, wie ich es eigentlich hätte tun sollen.

Wieso es jetzt wieder aufgetaucht ist? Meine Mutter behandelt mich immer mehr wie ihr Gleichgestellt. Sie bespricht Probleme mit mir. Sie weint vor mir. Das ist etwas, das ich einfach nicht ertrage. Auch Papa geht es nicht gut. Am Wochenende ist es bei ihnen wieder eskaliert. Sie wissen beide, schon so lange, das es nicht weiter gehen kann. Dennoch tun sie nichts. Es wird Zeit. Eigentlich habe ich nicht die Kraft dazu, aber mir bleibt nichts anderes übrig. Je länger sie warten, desto schwieriger wird es. Ich habe mich mit Papa bis aufs Blut gestritten, aber ihm das Versprechen abgerungen, sich mit Mama drum zu kümmern. Sobald Mama die Kraft findet, wird sie einen Kostenvoranschlag fürs Haus einholen und dann müssen wir weiter sehen. Ich werde sie zwingen es zu tun. Immer und immer und immer wieder. Bis sie zumindest das haben. Es wird Zeit. Ich hoffe nur sie bekommen noch etwas für das Haus. Ich hoffe sie können sich davon das Leben kaufen, dass sie brauchen und verdienen. Ich hoffe, dass es dann endlich besser wird. Ich hoffe es so so so sehr.

xx
Janna